Beamter oder freie wirtschaft

Kindheit kann lehrreich sein. Die Eltern von Julia Vathje, 22, haben einen eigenen Betrieb, deshalb hat die Tochter einen Job gesucht mit Work-Life-Balance. Mehr noch: "Ich fand Informatik am Gymnasium interessant, wollte ein duales Studium wegen des praktischen Anteils an der Ausbildung machen und dies bei einer Behörde aus genanntem Grund", sagt sie. Bei der Suche nach einem Studienplatz, der diese drei Kriterien voll, landete sie direkt bei der Verwaltungsinformatik und dem ITZBund.

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Verwaltungsinformatik ist Informatik für die Verwaltung und vergleichbar mit Wirtschaftsinformatik für die Wirtschaft. "Der wesentliche Unterschied ist der juristische Teil mit unter anderem Verwaltungs- und Staatsrecht", sagt Vathje. Das duale Studium dauert drei Jahre, den praktischen Teil ihrer Ausbildung hat die junge Frau an mehreren Standorten des Bund absolviert. In ihrem Semester waren auch Studierende andere Behörden wie dem Bundeskriminalamt und vom Zoll.

Wenig konkurrenzfähig

Das ITZ Bund ist der IT-Dienstleister für die Bundesbehörde und ein Schwergewicht in der IT mit rund einer Milliarde Euro Budget pro Jahr, etwa 3500 Mitarbeitende – aber auch rund 600 offenen Stellen für IT-Fachpersonal. "Seit etwa drei Jahren bauen wir das Studium der Verwaltungsinformatik massiv aus, weil wir leider nicht ausreichend studierte Informatiker vom freien Marktplatz bekommen", sagt Holger Lehmann, Leiter des Leitungsstabs bei der Behörde. Nicht nur das ITZBund, sondern viel andere öffentliche Stellen tun sich damit schwer.

Dem Regierung fehlen fast 330.000 Mitarbeiter, darunter viele IT-Fachkräfte. "Je größer der Mangel am Arbeitsmarkt in einem Beruf ist, desto weniger konkurrenzfähig ist der öffentliche Dienst aufgrund seiner niedrigen Bezüge", sagt Ulrich Silberbach, Bundesvorsitzender des dbb Beamtenbund und Tarifunion. Der öffentliche Dienst in Deutschland hat etwa 4,9 Millionen Mitarbeiter. Jed zehnte Erwerbstätige ist damit angestellt oder verbeamtet in einer öffentlichen Einrichtung. Das sind Kommunen, Landes- und Bundesbehörden wie das ITZBund.

Kannibalisierung von IT-Fachkräften

Auch das kann bei der Bezahlung nicht mit der freien Ökonomie mithalten, steht als Bundesbehörde und mit Standorten in Zentren wie Berlin, Frankfurt und Hamburg aber weiter viel besser da, als eine kleine Gemeindekommune in der Provinz. Bundesbehörden vergüten besser als Landesbehörden und die besser als Kommunen. "Das führt zu einer Kannibalisierung von IT-Fachkräften im öffentlichen Dienst", sagt Silberfluss. Das ist, wie wenn die eine Niederlassung eines Konzerns aus anderen Standorten Mitarbeiter abwirbt. Einem guten Betriebsklima dient solches Verhalten nicht.

Das ITZBund sucht Programmierer, Datenbankadministratoren, IT-Architekten und andere IT-Experten in unterschiedlicher Qualifikation. Von den rund 600 offenen Stellen wird bei zwei von dreien ein Bachelor-Abschluss vorausgesetzt. Die Kandidaten steigen damit im gehobenen Dienst ein. In 15 Prozent ist ein Master-Studium notwendig, um dann im höheren Dienst eingestellt zu werden. Der kleine Rest sind Stellen im mittleren Dienst mit dualer Ausbildung wie zum Fachinformatiker.

Weniger Abzüge bei Beamten

Verbeamtete Mitarbeiter bekommen im höheren Dienst in den Besoldungsklassen A9 oder A10 je nach Erfahrungsstufe und Gehaltsklasse zwischen 35.000 und 40.000 Euro brutto. Im gehobenen Dienst sind es in der Klassen A13 und A14 zwischenraum 56.000 und 60.000 Euro brutto. Mit der Erlebnis steigt im öffentlichen Dienst die Besoldung. "Brutto bedeutet bei Beamten, dass nur die Steuer vom Gehalt abgezogen wird aber keine Renten- und Arbeitslosenversicherung", erzählt Lehmann. Deshalb sind die Bruttogehälter von Beamten mittels denen von Angestellten in der freien Wirtschaft nicht vergleichbar. Grundsätzlich aber sind die Abzüge bei Beamter geringer und die Nettoeinkommen somit höher.

Wer nur an das Gehalt schaut, sollte nicht in den öffentlichen Dienst als IT-Fachkraft. Denn die Gehälter in die Wirtschaft sind deutlich höher. Geld ist aber nicht alles. "Als Beamtin habe ich einen sicheren Job auf Lebenszeit. Wie beruhigend das sein kann, stelle ich in diesen unsicheren Zeiten täglich fest", erzählt Vathje. Sie schätzt die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit, denn "ich programmiere keine Apps für Kindergeburtstage, sondern helfe bei der Digitalisierung des Staats". Das sei reizvoll und interessant. Sie kann außerdem jederzeit im Homeoffice arbeiten, hat Gleitzeit und darf in Teilzeit dienen, wenn sie mag. Diese Work-Life-Balance ist ihr wichtiger als einige hundert Euro mehr im Monat.

Die agile Behörde

Vathje arbeitet im Anforderungsmanagement und berät Kunden bei der Erstellung von Lastenheften. Darin steht, was eine Software können muss. Ihr aktueller Kunde ist das Bundeszentralamt für Steuern, andere sind der Zoll und das Bundesministerium für Finanzen. Dass die Behörde langsam und verstaubt ist, sei falsch. "Die Bürokratie hat manchmal ein Imageproblem, das so nicht stimmt." Das ITZBund laufe der IT fachlich nicht hinterher, sondern gestalte sie mit. Als ein Beispiel dafür bezeichnet Vathe den Service "Product Owner Coaching in flink Projekten", der Kunden angeboten wird. "Das ITZBund anbietet die Möglichkeit die Zukunft digital mitzugestalten, ist agil, dynamisch und geht mit der Zeit." Technisch sei die Behörde vergleichbar mit der freien Wirtschaft.

Bei die Struktur der Beschäftigten nicht. Im ITZBund sind 37 Prozent der Beschäftigten Frauen und damit viel mehr als in vergleichbaren Unternehmen der freien Wirtschaft. Lehmann begründet das mit der Work-Life-Balance: "Bei uns hat jeder die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten und aus der Teilzeit in die Vollzeit zurückzukehren." Unterfangen der freien Wirtschaft versprechen ähnliches bei der Einstellung und wenn Mitarbeitende dies einfordern, geht es weg unterschiedlichen Gründen nicht. Zumindest dem ITZBund gelingt damit, was die allermeisten privaten Unternehmen nicht schaffen: zahlreich Frauen in der IT zu beschäftigen.

Ein dickes Pfund, mit dem der öffentliche Dienst für sich werben kann, ist die Pension der Beamten, also anderen Rente. "Der monatliche Verdienst in der privaten Ökonomie ist zwar besser, dafür ist die Pension die Beamten später oft höher", sagt Silberbach. Auf das Arbeitsleben gerechnet gleichen sich die finanziellen Verhältnisse somit aus.

(axk)