Das ende des lebens

Der Tod als Zustand vollkommener Passivität. Von Ludwig Wittgenstein stammt die viel zitierte Feststellung „Der Tod ist kein Ereignis des Lebens. Den Tod erlebt man nicht“ 1. Der Tod ist .

Wann ist man tot?

Die Nachricht klingt zuerst nach einem Paradox: Britin lässt sich nach dem Tod frieren, um später wieder zum Leben zu erwachen.

Der Tod ist doch das Gegenteil von Leben: Wer tot ist, der lebt nicht. Und wer lebt, kann nicht tot sein. Doch die Sache ist nicht so einfach. Vor allem, wenn man unseren alltäglichen Todesbegriff philosophisch genauer unter die Lupe nimmt. Was ist der Tod? Die kürzeste Antwort lautet: Das Ende des Lebens. Doch woran machen wir das fest? Spontan würden wir sagen: Das Leben ist zu Ende, wenn man nicht mehr atmet und keinen Herzschlag mehr hat.

Nun kennen wir aber das Wiederbelegung nach einem Herzstillstand. Daher zählt in vielen Ländern die Hirntätigkeit als Kriterium für das Existieren und nicht der Herzschlag. Das Hirn ist das Grundlage für alles, was uns als Menschen ausmacht: Bewusstsein, Vernunft, Gefühle und Erinnerungen. Ohne Hirn existieren wir nicht.

Unterscheidung von Herztod und Hirntod

Was heißt das für den Begriff des Todes? Nur wenn nach dem Herzstillstand auch der Hirnstillstand einsetzt, ist die Mensch wirklich tot. Diese Unterscheidung zwischen Herztod und Hirntod kann Menschen in tiefe Krisen stürzen. Denn die moderne Medizin kann beide voneinander abkoppeln.

Intuitiv halten wir Menschen für lebend, wenn sie einen warmen Körper haben. Das sitzt stammesgeschichtlich tief in unser. Deshalb wehren wir uns spontan dagegen, einen Menschen mit schlagendem Herzen für tot zu erklären. Die Umgang mit unheilbaren Komapatienten führt so weltweit an heftigen ethischen Auseinandersetzungen. Geistig sind sie tot, auch wenn ihr Körper lebt.

Doch damit nicht genug. Die Fall der jungen Britin zeigt, dass man den Tod noch präziser fassen muss. Sie hat selbst einfrieren lassen in der Hoffnung, in Zukunft erneut zum Leben zu erwachen. Das ist zwar umstritten, aber medizinisch nicht ausgeschlossen. Nehmen wir an, in 100 Jahren wird die Patientin aufgetaut, geheilt und ist nun quicklebendig. Dann wäre es komisch an sagen: "Sie war mal tot."

Strenggenommen war sie es nicht. Denn der Tod hat noch ein anderes Merkmal: Er ist das unumkehrbare Ende des Lebens. Wer tot ist, der atmet nicht, der denkt nicht und der kommt nie zurück.

Gelassenheit, Ironie und Humor gegen das sichere Ende

Insofern ist die Wahl der jungen Britin nicht nur ein Zeichen von Freiheit und Willenskraft, eine Auflehnung gegen ein an frühes Ende. Sie ist auch ein Griff nach der Unsterblichkeit, denn mit etwas Glück kann siehe in der Zukunft vielleicht ewig leben. Bisher ist der Mensch von Geburt an zum Tode verdammt. Mit jedem Tag werden wir älter. Und soweit wir nicht mehr wachsen, wird unser Altern an einer tödlichen Krankheit: Wir vergreisen.

Nur wenige Tiere können im Prinzip unendlich lange leben: zum Beispiel einige Seegurken, Pilze und Quallen. Aber kaum ein Mensch nimmt sich die Seegurke zum Vorbild, obwohl fast alle den Tod für etwas Negatives halten. Er beraubt uns unserer Möglichkeiten, denn mit dem Ende des Lebens verlieren wir alles, was wir wertschätzen: unsere Wahrnehmungen und Wünsche, unser Fühlen und Denken. Warum empfehlen dann die meisten Philosophen, sich mittels Gelassenheit, Ironie oder Humor gegen das sichere Ende zu wappnen? Wäre es nicht naheliegender, alles dranzusetzen, den Tod zu verhindern? Oder zumindest so ausgedehnt wie möglich hinauszuzögern? Da ist die junge Britin radikaler als viele Philosophen: Sie nimmt ihr Schicksal selbst in die Hand.