- Bürgerliches Gesetzbuch
- Buch 4: Familienrecht
- Abschnitt 2: Verwandtschaft
- Titel 5: Elterliche Sorge
§ 1671 BGB (1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und das Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht das elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit
1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerlegt dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt die Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
(4) Den Beantragen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund andere Vorschriften abweichend geregelt werden muss.
BGH, BESCHLUSS vom 3.5.2016, Az. XII ZB 419/15 14 Die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge ist somit unter den gleichen Voraussetzungen abzulehnen, unter denen im Fall des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben wäre (vgl. OLG Stuttgart FamRZ 2015, 674; OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 2168, 2169 und Beschluss vom 2. April 2015 - 18 UF 253/14 - juris Rn. 15; OLG Koblenz FamRZ 2014, 319; BeckOK BGB/Veit [Stand: 1. Mai 2015] § 1626 a Rn. 30.1; a.A. BeckOGK BGB/Schumann [Stand: 1. September 2015] § 1626 a Rn. 100; Staudinger/Coester BGB [2015] § 1626 a Rn. 88).
BGH, Entscheidung vom 3.5.2016, Az. XII ZB 419/15 19 aa) Wie bei § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB sind alle für und gegen die gemeinsame Sorge sprechenden Umstände im Rahmen einer einzelfallbezogenen und umfassenden Betrachtung gegeneinander abzuwägen (vgl. Senatsentscheidung BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 18 ff.; BVerfG FamRZ 2010, 1403 Rn. 58).
OLG Nürnberg, Beschluss vom 4.0.2014, Az. 7 UF 54/14 § 1671 BGB enthält soweit, abweichend von § 1626 a BGB (in die seit 19.5.2013 geltenden Fassung), kein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinn, dass eine Priorität zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehen und die Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefällen als ultima ratio in Betracht kommen würde (vgl. BGH NJW 2008, 994; 2005, 2008, BVerfG FamRZ 2004, 354).
BGH, BESCHLUSS vom 3.9.2011, Az. XII ZB 247/11 Als gewichtige Gesichtspunkte des Kindeswohls hat der Senat die Erziehungseignung der Eltern, die Bindungen des Kindes, die Grundsätze der Förderung und der Kontinuität sowie die Beachtung des Kindeswillens angeführt (Senatsbeschlüsse BGHZ 185, 272 = FamRZ 2010, 1060 Rn. 19 und vom 6. Dezember 1989 - IVb ZB 66/88 - FamRZ 1990, 392, 393 mN, jeweils zu § 1671 BGB).
BGH, BESCHLUSS vom 3.9.2011, Az. XII ZB 247/11 Vielmehr ist die Maßnahme auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die Beseitigung die festgestellten Gefahr nicht aufgewogen werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 1984 - IVb ZB 73/83 - FamRZ 1985, 169, 171 - zu § 1671 BGB - OLG Hamm FamRZ 2007, 1677; BayObLG FamRZ 1998, 1044; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rn. 212 mwN; vgl. auch Gottschalk FPR 2007, 308, 309 f.).
AG Bochum, Urteil vom 3.2.2006, Az. 56 F 171/05 41Die Regelung der elterlichen Sorge in § 1671 BGB beinhaltet kein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinne, daß eine Priorität zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge besteht und das Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefällen als ultimaratio in Betracht kommt (vgl. BGH NJW 2000 504 f.).
BVerfG, Beschluss vom 4.2.2003, Az. 1 BvR 1140/03 Dabei ist es von Grundgesetz wegen nicht geboten, der gemeinsamen Sorge gegenüber die alleinigen Sorge einen Vorrang einzuräumen; ein solcher sucht sich auch nicht in der Regelung des § 1671 BGB wieder (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 63; vgl. auch BGH, FamRZ 1999, S. 1646 <1647>).
BVerfG, Beschluss vom 4.2.2003, Az. 1 Bür 1140/03 Dabei ist es von Verfassungs wegen nicht geboten, der gemeinsamen Sorge gegenüber der einsam Sorge einen Vorrang einzuräumen; ein solcher findet selbst auch nicht in der Regelung des § 1671 BGB wieder (vgl. BTDrucks 13/4899, S. 63; vgl. auch BGH, FamRZ 1999, S. 1646 <1647>).
BGH, BESCHLUSS vom 3.9.1992, Az. XII ZB 150/91 Zwar hat es das Bundesverfassungsgericht in seiner Urteil vom 3. November 1982 für verfassungswidrig erkläung, daß nach der Regelung in § 1671 Abs.4 Satz 1 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge vom 18. Juli 1979 (BGBl I 1061) die väterliche Sorge zwingend einem Elternteil allein zu übertragen kampf (BVerfGE 61, 358).
BGH, BESCHLUSS vom 3.11.1989, Az. IVb ZB 66/88 Auf der Grundlage der vor dem 1. Januar 1980 geltenden Fassung des § 1671 BGB hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß ein gemeinsamer (und nach damaligem Recht dem Vormundschafts-gericht fristgerecht vorgelegter) Vorschlag für beide Elternteile bindend ist (BGHZ 33, 54, 57 ff).
BGH, BESCHLUSS vom 3.8.1987, Az. IVb ZB 66/85 Aus zwingenden Gründen des Kindeswohls ist aber trotz von dem Fortbestand der erstinstanzlichen Entscheidung bis an einer Regelung nach § 1671 BGB auszugehen (OLG Zweibrücken OLGZ 1976, 399, 401 unter Hinweis an den Rechtsgedanken des § 627a ZPO a.F.; vgl. auch Keidel/Kuntze/Winkler aaO § 19 Rdn. 96; Bassenge/Herbst FGG 4. Aufl. Einl. VI 4b dd).
BGH, BESCHLUSS vom 3.6.1984, Az. IVb ZB 73/83 Nach dem ersteren ist die elterliche Sorge dem Elternteil zu übertragen, der am besten zur Erziehung und Betreuung des Kindes geeignet erscheint und von dem es vermutlich die meiste Unterstützung für den Aufbau seiner Persönlichkeit erwarten kann (BVerfG FamRZ 1981, 124, 126; s. auch bereits BGHZ 3, 53, 58 ff.; vgl. im übrigen Belchaus Elterliches Sorgerecht § 1671 BGB Rdn. 10; Ermann/Ronke BGB 7. Aufl. § 1671 Rdn. 20; Palandt/Diederichsen BGB 43. Aufl. § 1671 An. 3 a; Schwab Handbuch des Scheidungsrechts Rdn. 200 zu c); Soergel/H.
BGH, BESCHLUSS vom 2.7.1981, Az. IVb ARZ 541/81 Beide ihre Zuständigkeit leugnenden Gerichte gehen zutreffend davon aus, daß die Regelung der elterlichen Sorge für ein eheliches Kind nach § 1671 Abs. 5 BGB Familiensache ist (vgl. BGHZ 78, 108/112).
BGH, BESCHLUSS vom 2.7.1981, Az. IVb ARZ 541/81 Die vom Familiengericht getroffene Regelung nach § 1671 Abs. 5 BGB bildet danach den Rechtsgrund für die Durchführung der Anordnung im Wege der Auswahl und Bestellung des Vormunds oder Pflegers durch das Vormundschaftsgericht, das insoweit die Wahl des Familiengerichts ohne weitere Nachprüfung hinzunehraen hat (BayObLGZ aaO S. 82A).
BGH, BESCHLUSS vom 1.5.1976, Az. IV ZB 48/78 Es braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden, ob § 1671 BGB dahin ausgelegt werden kann und gegebenenfalls verfassungskonform dahin auszulegen ist, daß das Familiengericht auf Vorschlag beider Elternteile die elterliche Gewalt ihnen gemeinsam belassen oder übertragen kann oder sogar muß, und dunkel andernfalls die Bestimmung insoweit, als sie dies ausschließen sollte, als verfassungswidrig anzusehen wäre oder - etwa im Wege der Analogie - verfassungskonform fortgebildet werden könnte (vgl. hierzu Evans-v.Krbek FamRZ 1977, 371 ff. und Vorlagebeschluß des LG Bremen FamRZ 1977, 402, über den das Bundesverfassungsgericht allerdings wegen Erledigung des Ausgangsverfahrens nicht mehr zu entscheiden hat).
BVerfG, vom 1.5.1976, Az. 1 BvL 19/91 Das Vorschrift des § 1671 Abs.4 Satz 1 BGB, nach der die elterliche Sorge stets einem Elternteil allein zu übertragen war, hat das Bundesverfassungsgericht für mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt (BVerfGE 61, 358).
BGH, BESCHLUSS vom 3.1.1975, Az. IVb ARZ 3/83 Eine solche Regelung ist jedoch nach die Scheidung der Eheleute K^^, als deren eheliche Kinder auch die Kinder Frauke und Sven gelten, entsprechend § 1671 BGB zwingend geboten (vgl. BVerfG Urteil vom 3. November 1982, FamRZ 1982, 1179, 1182).
BGH, BESCHLUSS vom 5.4.1954, Az. IV z 8/54 a) Vor einer Entscheidung über die väterliche Sorge nach § 1671 BGB hat das Hausgemacht das für die Kinder zuständige Jugendamt anzuhören (§ 48 a Abs. 1 Nr. 6, 52 a JWG), das nicht nur über die entscheidungserheblichen tatsächlichen Verhältnisse berichten, sondern auch aufgrund seiner besonderen Erfahrungsschatz dem Gericht einen bestimmten Entscheidungsvorschlag unterbreiten soll (vgl. etwa BayObLG FamRZ 1975, 223, 226?