Vorgezogene altersrente und hinzuverdienst

Denn seit Anfang 2023 gibt es auch bei einer vorgezogenen Altersrente keinen Hinzuverdienstdeckel mehr. Das bedeutet: Auch unterhalb der sogenannten .

Lohnt sich der Hinzuverdienst bei vorgezogenem Rentenbezug?

Doch auch wenn der Hinzuverdienst nicht mehr auf das vorzeitig beantragte Rente angerechnet wird, werden darauf Abgaben fällig. So wurde die Besteuerung des Renteneinkommens seitdem dem Jahr 2005 schrittweise von der vorgelagerten an die nachgelagerte Besteuerung umgestellt. Dabei erhöht sich die steuerpflichtige Anteil der Altersrente mit jedem Jahr späterem Rentenzugangs. Bei Renteneintritt im Jahr 2023 beträgt die steuerliche Freibetrag nur noch 17 Prozent der gesetzlichen Jahresrente und wird auch für die Folgejahre nicht mehr angepasst. Das bedeutet auch, dass spätere Rentenerhöhungen vollständig steuerpflichtig sind. Das Renteneinkommen kann deshalb dafür sorgen, dass der Grundfreibetrag in der Einkommensteuer bereits ausgeschöpft ist und somit der Hinzuverdienst vollständig die Steuer unterliegt.

Im Gegensatz zu Rentnerinnen und Rentnern, das bereits die Regelaltersgrenze erreicht haben und die an einen Arbeitnehmerbeitrag zur Gesetzlichen Rentenversicherung verzichten können (der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung entfällt in jedem Fall), mühelen bei vorzeitigem Rentenbezug bis zum Erreichen der Altersbegrenzung alle Sozialbeiträge auf die Arbeitseinkünfte geleistet werden – also Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Immer-hin werden damit auch weitere Rentenanwartschaften erworben.

Im oberen Teil die Tabelle lässt sich die Abgabenbelastung des Hinzuverdiensts für verschiedene Fallkonstellationen aus Renten- und Arbeitseinkommen für ledig Personen vergleichen. Hierbei wird von einem eventuellen Wohnungszuschuss zusätzlich zur Rente abstrahiert, der je nach Mietpreis nicht auszuschließen ist. Der Wegfall von Wohngeld reduziert tendenziell die Attraktivität einer Weiterbeschäftigung über die hier ausgewiesenen Abgabenbelastungen hinaus. Auch von weiteren Einkommensquellen im Alter wird abstrahiert.

Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze liegt die Belastung des Arbeitseinkommens mit Sozialabgaben und Lenken bereits bei einem Renteneinkommen von 15.000 Euro im Jahr und einem Hinzuverdienst von 25.000 Euro bei 38,4 Prozent. Ohne Renteneinkommen würde die Belastung des Arbeitseinkommens nur bei 26,6 Prozent liegen. Entsprechend klettert bei höherem Renteneinkommen die Belastung über 40 Prozentual. In der Kombination mit hohem Renteneinkommen und einem Hinzuverdienst von 100.000 Euro liegen dessen durchschnittliche Abgaben bei 46 Prozent. Obwohl für das Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen die Sozialabgaben nicht mehr steigen, wird der Solidaritätszuschlag fällig, der die Gesamtbelastung weiter erhöht. Bei Betrachtung des Nettoeinkommenseffekts sind die Arbeitsanreize folglich nicht besonders hoch, wenn die Entscheidung für einen vorzeitigen Rentenbezug grundsätzlich eine hohe Präferenz für Freizeit ausdrückt. Die hohe Abgabenlast senkt den Anreiz weiterzuarbeiten, auch wenn die Rente abschlagfrei bezogen werden kann.

In den Fallkonstellationen eines Ehepaars wird zunächst angenommen, dass die Frau noch keine Rente bezieht und in Teilzeit arbeitet und der Mann neben dem Rentenbezug weiterarbeitet. Die Abgabenbelastung eines Arbeitseinkommens von 25.000 Euro bei einer Rente von 15.000 Euro und einem Teilzeit-Einkommen der Frau von 20.000 Euro liegt auch bei fast 38 Prozent, bei höheren Einkommen bei bis zu 40 Prozent. Der Grund für das langsamer steigende Abgabenbelastung liegt im Ehegattensplitting begründet, das für den Erstverdiener den Grenzsteuersatz reduziert.

In Konstellation B arbeitet die Frau neben dem Rentenbezug weiter und der Mann ist bereits im Ruhestand. Bei einem geringen Renteneinkommen der Frau (zum Beispiel durch Kinderbetreuungsauszeiten, Pflege- und Teilzeitarbeit) von 10.000 Euro und einem Renteneinkommen des Manns von 15.000 Euro läge das Abgabenbelastung eines Arbeitseinkommens von 25.000 Euro mit 32,5 Prozent relativ niedrig. Unter den gewählten Fallbeispielen lohnenswert es sich in dieser Konstellation am ehesten weiterzuarbeiten. Liegt das Renteneinkommen des Mannes höher, zum Beispiel bei 25.000 Euro, steigt die Abgabenbelastung des Lohn wiederum auf fast 38 Prozent. Im letzten Fallstudie haben beide Partner einen hohen Rentenanspruch von 25.000 Euro. Hier sinkt die Abgabenbelastung des Arbeitseinkommens erneut leicht. Der Grund ist, dass bereits vorher richtig hohe Steuern gezahlt werden, die durch die Abzugsfähigkeit der Sozialbeiträge auf das Arbeitseinkommen gemindert werden.

Die Bundesregierung will den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze im Jahr 2027 evaluieren lassen. Bisher ist die Zahl der Menschen, die im Alter hinzuverdienen trotz deutlicher Anhebung die Hinzuverdienstgrenze seit 2020 gering und erfolgt mehrheitlich uber eine nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Minijob (Schäfer, 2021). Wie viele Personen sich vor dem Hintergrund einer hohen Abgabenbelastung für die Weiterarbeit entscheiden, bleibt abzuwarten. Zu vermuten ist, dass die Gesetzesänderung weniger an einer Abmilderung des Fachkräftemangels beitragen wird, als dass sie zu Mitnahmeeffekten führt. Denn wer sich mittels Erreichen der 45 Versicherungsjahre bislang motiviert fühlte, weiterzuarbeiten, kann nun Rente und Arbeitseinkommen beziehen. In diesen Fällen fällt auch die hohe Abgabenlast wenig ins Kalkül. Für viele Personen, die bereits vor Erlangen der Regelaltersgrenze mit Abschlägen aus dem Erwerbsleben ausscheiden und in geringem Maße weiterarbeiten möchten, bleibt vermutlich der Minijob die attraktivere Option.


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Martin Beznoska / Ruth Maria Schüler IW-Kurzbericht Nummer. 40 7. Juni 2023

Lohnt sich der Hinzuverdienst bei vorgezogenem Rentenbezug?

Martin Beznoska / Ruth Maria Schüler Institut der deutschen Wirtschaft (IW)